Heimatortsgemeinschaft, ein Name der für uns aus der alten Heimat ausgesiedelten Landsleuten nicht nur für unsere Gemeinschaft steht, sondern auch auffordert eine Gemeinschaft darzustellen. In unserem Fall eine Gemeinschaft der aus der Banater Heimat weggezogenen Menschen, die sich weiterhin nach Möglichkeiten trifft, gemeinsam feiert, Veranstaltungen beiwohnt oder einen Landsmann auf seinem letzen Weg begleitet.
Die Heimatortsgemeinschaft Lenauheim, hat in Deutschland gute Erfahrungen gemacht, was den Zusammenhalt betrifft. Dennoch hatten wir unsere Bedenken als wir eine Einladung seitens des Bürgermeisteramtes Lenauheim und einer Initiativgruppe gebürtiger Lenauheimer aus Rumänien im letzten Jahr bekamen. Sie wollten gemeinsam mit der HOG Lenauheim, ein Fest „Kinder des Dorfes“ in Lenauheim organisieren. Dieses Vorhaben wurde in der „Banater Post“ veröffentlicht worauf sich Einige schnell entschlossene gleich meldeten, nach und nach wurden es immer mehr und zuletzt hätte der Reisebus noch etwas größer sein können. Per E-Mail und Telefon wurde seitens der HOG Lenauheim der nötige Wort- und Schriftverkehr zwischen Rumänien und Deutschland bewältigt. Der Festtag wurde für den 8. September, Maria Geburt, festgelegt. Ein Feiertag und zugleich der Tag an dem die Lenauheimer orthodoxe Kirche ihr Kirchweihfest feiert. Für die Fahrt wurde das Reiseunternehmen Lukicolor aus Gottlob verpflichtet. Das Programm wurde gemeinsam festgelegt um auch ausgeglichen für die Beteiligten zu wirken.
Die Reisegruppe der HOG Lenauheim auf dem Weg ins Banat Wie geplant, war die Abfahrt am 6. September um 10 Uhr von Mannheim. Zur Fahrt hatten sich 44 Personen angemeldet. Sie stiegen in sechs Orten in Deutschland zu. Alle kamen wie verabredet und die Freude der Landsleute war groß, denn es gab bei jedem Zusteigen viel zu erzählen. Als wir fast vollzählig waren, begrüßte Werner Griebel, Vorsitzender der HOG Lenauheim, die Fahrgäste und sprach einige Worte über den Sinn der Fahrt und bat diese auch als eine Wallfahrt in die alte Heimat zu betrachten. Danach wurde gemeinsam ein „Vater Unser“ gebetet. Die Stimmung im Bus war gut, die Menschen hatten keine Kontakthemmungen, so als wäre die lange Zeit, seit dem letzten Zusammentreffen nicht gewesen. Unsere gewesene Lehrkräfte Mathias Messmer, Magdalena Messmer und Nikolaus Meinhart sowie der HOG Vorsitzende haben schon vorzeitig Pläne geschmiedet für eine musikalische Vorstellung und die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes in der katholischen Kirche zu Lenauheim. Nun hatten wir im Bus die beste Gelegenheit unsere Generalprobe abzuhalten. Die Probe war für das erste Mal gut gelungen, aber man konnte sich ja noch steigern. So ging die Fahrt feucht fröhlich mit viel Erzählen in einer großen geselligen Runde weiter.
An den Grenzübergängen sollte man schon etwas von dem neuen Europa spüren, es waren nur mehr kleine Blicke auf die Personalausweise um in das nächste Europäische Land einzureisen oder durchzureisen. Unsere zwei Busfahrer taten das Übrige dazu, sie fuhren uns sicher und erfüllten uns jeden Wunsch in Bezug auf die Reise. Mit dem Tagesbeginn sollten wir auch im Banat eintreffen, ein neuer Tag, für uns einen besonderen Tag, wir waren doch alle neugierig. Wie sieht es „Zuhause“ aus? Was gibt es da Neues? Und noch so viele andere Fragen die jeder für sich oder in Gesprächen stellte. Das Erste war nun einen Teil der Mitreisenden im Hotel in Hatzfeld, wo vorgebucht war, unterzubringen und den anderen Teil der Landsleute in Lenauheim bei ihren Gastgeber absteigen zu lassen. Der Donnerstag, der 07.09.2006, war eigentlich zum Ausruhen gedacht, aber Keiner wollte es so richtig. Jeder hatte sich etwas vorgenommen. Der Vorstand der HOG Lenauheim nutzte diese Zeit zu einer Vorstandstagung im Bezug auf die Festtage in Lenauheim und einen Empfang beim Lenauheimer Bürgermeister.
Im Kulturheim trafen sich die teilnehmenden HOG-Vorstandsmitglieder Werner Griebel, Vorsitzender, Michael Fuchs, stellvertretender Vorsitzender, Christian Mühlberger und Jürgen Griebel, Beisitzer sowie Alfred Mühlroth, Rechnungsprüfer. Besprochen wurden die festgelegten Programmpunkte dieser Tage, der Ablauf des Treffens und des Besuches in der alten Heimat. Mit etwa 80 ehemaligen Lenauheimer(innen) aus Deutschland nahmen an der Feierlichkeit „Kinder des Dorfes“ nicht nur die mit dem Reisebus angereisten sondern auch viele mit dem eigenen PKW angereiste Personen teil.
Am Freitag dem 08.09.2006, um 9.30 Uhr sollte das Festprogramm wie geplant von statten gehen. Die Mitglieder des Organisationskomitees empfingen die Gäste aus Deutschland im Ortszentrum, wobei nach Tradition Brot und Salz gereicht wurde. Die Begrüßungs- und Willkommensworte sprach Gemeindebürgermeister Alinel Narita, worauf HOG Vorsitzender Werner Griebel im Namen der Gäste sich bedankte. Von hier ging es in den Kulturheimsaal, wo ein Symposium stattfand, an dem auch viele Einheimische teilnahmen. Bürgermeister Alinel Narita referierte über die Erfolge und weitere Perspektiven auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet in der Gemeinde.
HOG Vorsitzender Werner Griebel hielt einen Bericht über die Lenauheimer HOG in Deutschland und stellt das jüngst dort erschienene katholische Familienbuch Lenauheims, Autor Dietmar Giel, Herausgeber HOG Lenauheim, vor. Dabei projektierte Jürgen Griebel Bilder aus der regen HOG Tätigkeit auf eine Leinwand. Werner Griebel überreichte Bürgermeister Narita ein Exemplar des zweibändigen Familienbuches als Dank und Nachschlagwerk für die Gemeindeverwaltung. Ein weiteres Exemplar ist in der Lenau-Gedenkstätte hinterlegt und kann von den Besuchern in Augenschein genommen werden.
Seitens der Initiativgruppe sprach Herr Ioan Bulzan einige Worte über verbrachte Kindheit und Jugendzeit sowie Erlebnissen aus gemeinsamen Zeiten. Er zeigte sich erfreut über die rege Teilnahme und war überzeugt aus diesem Fest eine Tradition entstehen lassen zu können. Schuldirektorin Gina Narita sprach über die Lenauheimer Schultradition und Absolventen auf die man stolz ist. Historiker Chira Jurca hielt einen Vortrag über das gute Zusammenleben von Rumänen und Deutschen im Laufe der Jahrzehnte in Lenauheim. Musiklehrer Ioan Rofa erwähnte das ehemals gute interethnische Kulturleben Lenauheims.
Mathematiklehrer Mathias Messmer ging in seiner Erwiderungsrede auf das gute Verhältnis der ehemaligen und jetzigen Bewohner, und vor allem der Lehrkräfte ein. Ebenso wurde eine Gedenkminute für die kürzlich Verstorbenen eingelegt. Man begab sich zum Lenau-Denkmal vor dem Bürgermeisteramt, wo je ein Kranz seitens der Gemeinde Lenauheim von Alina Narita und Christian Babin und der HOG Lenauheim von Astrid und Jürgen Griebel niedergelegt wurden. Nikolaus Meinhardt untermalte diesen Akt musikalisch sowie die weiteren Kranzniederlegungen auf dem Akkordeon. Die Festgäste begaben sich danach zum Kriegerdenkmal neben der katholischen Kirche. Auch hier wurden von beiden Seiten Kränze niedergelegt. Von Seiten der HOG durch Alfred Mühlroth und Christian Mühlberger. Es wurden Kerzen in Form von Teelichtern seitens der HOG verteilt die an den Stufen des Denkmals angezündet wurden. Michael Fuchs gedachte mit einigen Worten der Opfer beider Weltkriege, worauf wir gemeinsam ein „Vater Unser“ gebetet haben.
Es folgte ein kurzer Besuch der Lenau-Gedenkstätte im ehemaligen Rentamtsgebäude in dem die Gäste und alle Anwesenden mit Kaffee und Erfrischungsgetränke seitens des Bürgermeisteramtes vorzüglich bewirtet wurden.
In der Zeit dieser Tätigkeiten hatten fleißige Helfer im Saal des Kulturheims die Bestuhlung vorbereitet in dem sich Einheimische und Gäste zum gemeinsamen Mittagessen trafen. Erwerben konnte man eine kleine, von Mircea Coras und Ioan Bulzan Mitglieder der Initiativgruppe aus Rumänien, herausgebrachte Broschüre zum Treffen mit den vorgetragenen Referaten, sowie die Kurzmonographie Lenauheim von C. Pascau in rumänischer Sprache.
Nachmittags trat die Musikband und Sänger, des Temeschburger Deutschen Staatstheaters im Lenauheimer vollbesetzten Kulturhaus mit Schlager- und Volksmusik auf, womit sie die Anwesenden erfreuten. In der Pause des zweiteiligen Programms präsentierte die Lenauheimer Singgruppe aus Deutschland unter Anleitung von Mathias Messmer, begleitet von Nikolaus Meinhardt am Akkordeon bekannte Volkslieder. Als Einlagen rezitierte Werner Griebel Gedichte von Nikolaus Lenau „Der Postillion“ in rumänischer Sprache sowie „Der alde Nußbaam“ von Hans Wolfram Hockl und „Mein Vaterhaus“ von Annie Schmidt-Endres. Die HOG überreichte durch ihren Vorsitzenden Werner Griebel Ehrenurkunden und kleine Büchergeschenke, wie den Adam Müller-Guttenbrunn Roman „Meister Jakob und seine Kinder“, „Schwabenbischof Augustin Pacha“, „Die Banater Schwaben“, an die Mitorganisatoren: Chira Jurca, Mircea Coras, Ioan Bulzan, Gina Narita, Alinel Narita. Die Büchergeschenke wurden seitens der Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V. und der HOG Lenauheim zur Verfügung gestellt. Ebenso auch CDs, eine solche ging auch an Ioan Rofa. Des Weiteren trat eine rumänische Kulturformation auf, die Volkstänze und Lieder präsentierten. Abends nach dem Fest, fand im Museumshof in Lenauheim, ein Grillabend statt wo sich die Beteiligten über das Fest und alles Mögliche ausgiebig unterhielten.
Am Samstag, den 09.09.2006, um 8.00 Uhr fand eine Busfahrt der Heimatbesucher aus Deutschland nach Temeschburg, zum Besuch des Adam Müller-Guttenbrunn Haus statt. Hier wurden sie von Helmuth Weinschrott, dem Leiter der Adam Müller-Guttenbrunn-Stiftung begrüßt. Dann konnten die Gäste, geführt von Josef Thierjung, einem Mitarbeiter des Hauses, das dortige Altenheim, mit all seinen Einrichtungen besichtigen. Anschließend erfolgte ein Gang zur römisch-katholischen Domkirche. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung.
Sonntag, den 10.09.2006, fand um 10.00 Uhr ein Gottesdienst in der römisch-katholischen Kirche zu Lenauheim statt. Der zuständige Priester aus Lovrin, der diesen zelebrierte hob in seiner Predigt die Verbundenheit der in Deutschland lebenden Lenauheimer mit ihrer ehemaligen Heimatgemeinde und der Heimatkirche hervor. Er erwähnte das Bemühen des HOG Vorsitzender Werner Griebel für die Instandhaltung des Lenauheimer katholischen Friedhofes. Begleitet wurde die Messe an der Orgel von Nikolaus Meinhardt. Die Singgruppe bestehend aus mitgereisten Landsleuten, trug mit einigen Kirchenliedern ebenfalls zum Gottesdienst bei. Werner Griebel rezitierte ein Heimatgedicht „Die Kirche“ von Karl Hans Gross, einem Sohn unserer Gemeinde. Eine Osterkerze für das Jahr 2007 sowie mehrere Altarkerzen, gestiftet von der HOG Lenauheim, wurde vom Priester Marin Maties geweiht und mit Dankesworten entgegengenommen.
Nach der heiligen Messe begab man sich zum Friedhof. Auch hier wurden am großen Kreuz am Hauptweg Kränze niedergelegt, von der Gemeindeverwaltung und seitens der HOG von Werner Griebel und Michael Fuchs, und Kerzen angezündet im Gedenken an die Verstorbenen. Der römisch-katholische Priester, dann auch der rumänisch-orthodoxe Dorfpope hielten eine kurze Andacht für die Toten. Werner Griebel hielt eine kurze Ansprache zum Gedenken unsere hier ruhenden Ahnen und Verwandten. Er appellierte dabei auch an die in Lenauheim zurückgebliebenen deutschen Landsleute die von der HOG organisierten Pflegearbeiten im Friedhof zu unterstützen, in dem sie diese Arbeiten wenigstens beaufsichtigen. Unsere Singgruppe begleitete musikalisch auch hier den Festakt. Die Anwesenden besuchten die Gräber ihrer Angehörigen, gedachten ihrer mit Kerzen und Blumen. Der Friedhof befindet sich in einem guten Zustand, vermutlich war die Verpflichtung von Herr Olaru zur Pflege, eine gute Entscheidung. Desgleichen muss erwähnt werden, dass vor kurzem Herr Peter Kleemann sich die Mühe machte, mit Helfer auf eigene Kosten die Remise des Leichenwagens auszuräumen und zu tünchen. Die Familie Franzen aus Karlsruhe hat auf eigene Kosten das Eingangstor zum Friedhof repariert, das vor vielen Jahren vom Schlossermeister Franzen im Auftrag angefertigt wurde.
Am Nachmittag wurde von Lenauheim eine Fahrt mit dem Bus in das Restaurant „Ilina“ nach Hatzfeld und ein gemeinsames Mittagessen eingenommen, wozu auch der Lenauheimer Bürgermeister mit Familie und die Initiativgruppe geladen waren.
Die Rückfahrt mit dem Reisebus nach Deutschland erfolgte, aufgrund der Autobahnsperrungen wegen des Besuches des Heiligen Vaters in Bayern, am Montag dem 11.09.2006 um 15.00 Uhr, obwohl sie für neun Uhr angesetzt war. Somit hatten die Mitreisenden ein paar Stunden mehr die Gelegenheit, sich in der alten Heimat aufzuhalten. Beim Abschiednehmen fiel es den Abreisenden sowie den Gastgebern und Verbliebenen Landsleuten nicht leicht. Zum Nachdenken wurde bei der Ausfahrt des Busses aus Lenauheim das Gedicht von Karl Hans Gross „Ich grüße dich“ vorgelesen und stimmte alle Beteiligten sehr nachdenklich.
Wieder gut Zuhause aus der alten Heimat angekommen möchten wir uns bei allen Beteiligten herzlich bedanken und nochmals darauf aufmerksam machen, dass wir nur gemeinsam eine starke Gemeinschaft darstellen können. Diese Fahrt war wieder ein gutes Beispiel dafür, was wir uns auch für die Zukunft der Heimatortsgemeinschaft Lenauheim erhoffen.