Mutter, wir grüßen dich
Im Scheine des Tags,
Der lachenden Fluren,
Da heiliges Sehnen
Die Augen uns hellt.
Wir grüßen dich
Im dämmernden Lichtkreis
Des Stübchens,
Wenn es Abend geworden
Und die Schlafensstunde
Traumdunkelnd
Ins Herz uns fällt.
Mutter, wir grüßen dich.
Wir rufen dich!
Zu jeder Stund an jeglichem Tag,
Da unser Rufen
Erreichen dich mag.
Wir rufen dich,
Wenn Flammen du segnest
Am häuslichen Herd
Und Brote du brichst
Für die wartende Rund.
Dein Name ist Trost,
Gebet jeder Stund
Im Lebensgrund.
Wenn ein Traum uns zerbrach
Oder ein Hoffen verblich,
Mutter, wir rufen dich.
Mutter, wir rufen dich
Im kindlichen Lallen
Des ersten Gebetes,
Im greishaften Stammeln
Der letzten Stund.
Und wenn müde das Wort
Auf den Lippen verstummt
Und das Letzte uns zwingt
Unter das Grabesjoch,
Haucht es die ringende Seele noch:
Mutter!
Mutter wir segnen dich!
So oft ein Strahl
Ins Dunkel uns fällt
Und kommenden Geschlechtern
Den Gang du bereitest
Mit des ewigen Blutes
Mächtigem Bann.
Wir segnen dich,
Wenn ein Tropfen Urkraft
In den Kelch niederrann
Und ein Kleines
Und Werdendes
Im Urmutterschoß
Zu atmen begann,
Wenn eine Seele durch dich
Sich der Erde anglich, –
Mutter wir segnen Dich!
von Annie Schmidt-Endres