Zum 210. Geburtstag von Nikolaus Lenau

Geboren am 13. August 1802 in Csatad/Lenauheim und gestorben am 22. August 1850 in Oberdöblingen bei Wien. Dieses Jahr, sind es 210 Jahre seit der Geburt des Dichters sowie 162 Jahre seit seinem Ableben. Mit dem Gedicht „Das Wiedersehen“ möchten wir an den in Csatad/Lenauheim geborenen Lyriker, erinnern und seiner gedenken.

 

Büste von Nikolaus Lenau
Büste von Nikolaus Lenau
Das Wiedersehen

Du heimatliches Tal,
Mir wird so wohl und wehe,
Daß ich dich nun einmal,
Ersehntes! wiedersehe.

Weinberg, sei mir gegrüßt!
Noch grünen deine Reben,
Womit du oft versüßt
Ein herbes Menschenleben;

Viel Herbste schwanden dir,
Die deine Trauben reiften,
Und die vom Herzen mir
So manche Hoffnung streiften.

Noch kenn ich jedes Haus;
Doch andre Menschen schreiten
Geschäftig ein und aus,
Als wie zu meinen Zeiten.

Ich frage dort und hier
Nach einem Freund mit Zagen
Und Furcht, ich könnte schier
Nach einem Toten fragen.

Es ist nur noch der Ort,
Wo wir gefreut uns haben,
Die Lieben all sind fort,
Verreiset und begraben.

Drum bleib ich hier nicht lang,
Mich fühlend zu verlassen,
Und tu auch keinen Gang
Bei Tag mehr durch die Straßen.

Erst wenn es worden Nacht
Und schläft des Tags Gebrause,
Schleich ich heran mich sacht
Zu manchem Freundeshause.

Die süße Träumerei
Such ich dann festzuhalten,
Als ob doch alles sei
Geblieben hier beim alten.

Zum Fenster dann empor
Blick ich und lausch und grüße,
Ob mich, den ich verlor,
Der Freund erblicken müsse;

Ich lausch und scheide nicht,
Bis ich zu schauen meine
Sein liebes Angesicht
Im wirren Mondenscheine.

von Nikolaus Lenau