200 Jahre „Rendam“ in Lenauheim

Ehemaliges Rentamtsgebäude ist heute Lenau- und Heimatmuseum – Wenn der Lenauheimer sich auf das „Rendam“ (im Dialekt gesprochen) bezieht, meint er damit ein großes Gebäude, das in der Hauptgasse auf der „Wenterseit“ steht und sich seit genau zwei Jahrhunderten in das Dorfbild einreiht. Dieses Haus hatte bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts  seine besondere Bedeutung, wird jedoch auch heute noch genutzt. Es hat also seine Geschichte.

Das Rentamtsgebäude in Lenauheim wurde im Jahre 1775 errichtet, als vom Temeswarer Administrationspräsidenten, Josef Brigido, eine verwaltungsmäßige Neueinteilung des Banats vorgenommen und Tschatad zum Hauptort, Kreisamt, eines Kreises, von damals vier errichteten, bestimmt wurde. Das damalige Kreisamt hatte einen Kreishauptmann, Christian Friedrich Löwenwalde, und war auch Forum erster Instanz für den neuerrichteten Großkikindaer Krondistrikt. Doch schon 1779 wird die Kreisamtsstelle in Kameral-Verwalteramt umgewandelt, das ab nun der Temeswarer Kameral-Direktion unterstand. In dieser Zeitspanne wird Franz von Niembsch als Kameralbeamter nach Tschatad bestellt.

Am 13. August 1802 gebärt ihm die verehelichte Therese, geb. Maigraber ein Kind, den Nikolaus (Lenau). Er kam im Kameralhaus zur Welt.

Da in Folge die Kameralgüter immer mehr zusammenschrumpften, verlor das Tschatader Verwaltungsamt allmählich an Bedeutung und wurde schließlich zum Rentamt (1873) bestimmt, mit einem Spanat in Neupetsch. Ende der 1870er Jahre wird das Rentamt, der letzte Rentmeister hieß Siegmund Margan, zum Spanat, das seine Tätigkeit am 1. Januar 1881 unter Ispan Edmund Wimmer einstellt.

Nach mehr als hundert Jahren wird nicht nur diese kamerale Verwaltungsstelle mit stetig schrumpfendem Wirkungsbereich aufgelassen, sondern auch die Kameralbesitze, da die Fluren allmählich von den Dorfbewohnern in Besitz genommen wurden. Das Gebäude selbst, das sogenannte Rentamtsgebäude, blieb weiterhin stehen und wurde in der Folge verschiedenen Zwecken dienlich gemacht.

Das ehemalige Rentamtsgebäude beherbergt heute das Lenau- und Heimatmuseum. Archivfoto: Zoltán Pázmány
Das ehemalige Rentamtsgebäude beherbergt heute das Lenau- und Heimatmuseum. (Archivfoto: Zoltán Pázmány)

Obzwar nur einstöckig, ist das „Rentamt“ mit seiner 56 Meter langen Gassenfront, die parallel zur Hauptstraße verläuft, dennoch ein ganz stattlicher Bau des 18. Jahrhunderts. Das in schlichter Form gehaltene Gebäude wurde aus Brennziegeln ausgeführt, die zu dicken Wänden und an zahlreichen Stellen der Konstruktion zu Wölbungen vermauert wurden. Die der Straße zugekehrte Längsseite und der gesamte Bau als solcher weist nur wenige Verzierungen auf. Die nüchterne einfache Verkleidung der Gebäudefront wird von zwölf breiten, aber flachen, teils glatten oder kannelierten strebepfeilerähnlichen Gesimsen und einem sich querteilenden, längsverlaufenden und leicht hervorspringenden zierenden Streifen aufgelockert. Solcherart erhält das Gebäude ein gestrecktes Aussehen. Auch überkreuzen sich die Streifen und Gesimse derartig, dass jedes Fenster an der Gassenfront von einer vier- oder rechteckigen Putzverzierung umrahmt wird. Wie ersichtlich, sind da und dort an der Gassenfront etliche Türen eingesetzt, die erst nachträglich anstelle der Fenster eingebaut wurden, um das nun ungenutzte große Gebäude zweckdienlich zu machen. So gab es hier einen Krämerladen, Privat- und Mietwohnungen, Vereinssäle und Klassenräume für Volksschüler, ja selbst eine Konditorei war zeitweilig untergebracht.

Auffällig am erwähnten Bau ist der bogenförmige Toreinschnitt mit der schlichten Verzierung, die sich zu einer Arkade formt. Ein schweres doppelflügeliges Holzportal, mit einer kleineren Eingangstür im rechten Flügel eingebaut, führt in die mit dicken Holzwürfeln ausgelegte „trockene Einfahrt“ und von hier in das Innere des Gebäudes, zu dem nahezu drei Dutzend Räume im Parterre und der Etage gehören. Von der Hofseite her zieht sich ein offener Gang an den „oben“ und „unten“ gelegenen Zimmern entlang. Gewiss wurden am und im Gebäude während der verflossenen Jahre mancherlei Änderungen vorgenommen. Die zweckdienlichste aber in unseren Tagen, wo sämtliche Zimmer im ersten Stock kulturellen Zwecken zugeführt wurden. Hier entstanden das Lenau-Museum, ein erstes wurde schon in den 1930er Jahren im Parterre eingerichtet und 1944 aufgelassen, und das Museum für Heimatkunde (siehe Franz Engelmann in „Komm mit`75“).

Für den Besucher dieser Stätte wird noch die neben dem Hauportal angebrachte weiße Marmortafel von Bedeutung sein. Sie kündet von Nikolaus Lenau. Eine weitere Tafel aus ockerfarbenem Marmor ließ der ortsansässige Wagnermeister Mathias Gehl schon lange zuvor, mit einem handgeschmiedeten Eisenrahmen versehen, am oberen Hausende anbringen.Schlicht und einfach kündete der Text von dem Geschehen:

„In diesem Hause wurde der Dichter Nikolaus Lenau am 12. August 1802 geboren.“
„Weltbefreien kann die Liebe nur.“

Diese kleine Heimatkunde veröffentlichte unser Lenauheimer Landsmann Karl-Hans Gross, tätig als Lehrer in Hatzfeld, am 1. Juli 1975 in der Tageszeitung Neuer Weg.

Die Geschichte des Museums in Lenauheim ging weiter und es geschah im Laufe der Jahre noch so einiges. Wir versuchen, dies nachfolgend festzuhalten.

Nach der Auflösung des Rentamtes war in dem Geburtshaus von Nikolaus Lenau zeitweilig ein Teil der Schule untergebracht. Eine Arztpraxis war ansässig. Es wurde als Kaserne genutzt, die LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) und KG (Konsumgenossenschaft) hatten ihren Sitz darin. Einige Jahre war eine Musikschule eingerichtet. Die Post war für lange Zeit im Erdgeschoss untergebracht. Neben der Post
waren abwechselnd ein Gemüseladen (CLF) und ein Lebensmittelladen (KG) eingemietet. Im linken Flügel im Erdgeschoss war die Gemeindebibliothek sowie das Archiv der Gemeindeverwaltung, für viele Jahre beheimatet. Zeitweise hatten auch die Lenauheimer Sportvereine hier ihren Sitz. Vom Hof zugänglich in den Erdgeschossbereich waren Lagerräume sowie die Sodawasserfabrik u.a. zeitweise eingerichtet.

Im Jahre 1969 fand in Temeswar die Internationale Lenau-Tagung statt, mit Veranstaltungen in Lenauheim. Zu diesem Anlass wurde dem Gebäude eine neue Bestimmung zugedacht. Man hat im Stockwerk des linken Flügels des Rentamts Renovierungsarbeiten durchgeführt und darin das Lenau-Museum eingerichtet. Es wurde über Lenau und dessen Beziehungen zum Banat, in acht Räumen, ausgestellt.

Die Puppen in schwäbischem Trachtenkleid sind seit einem halben Jahrhundert einen Besuch des Museums wert.
Die Puppen in schwäbischem Trachtenkleid sind seit einem halben Jahrhundert einen Besuch des Museums wert.

Im rechten Flügel des Stockwerkes in weiteren acht Räumen das Heimatmuseum eingerichtet. In diesen Räumen wurden 44 banatschwäbische Trachtenpuppen, aus vielen Orten des deutschsprachigen Banats, untergebracht. Desgleichen wollte man aus dem Leben der Banater Schwaben etwas Nachhaltiges unterbringen und richtete schwäbische Zimmer mit Hausrat, Kleidern, Bildern, etc., ein. Dieser Ausstellungsteil steht heute noch unverändert, nur mit zum Großteil neuen Trachtenpuppen, zum Betrachten da.

Ein Teil der linken Seite des Gebäudes wurde 2014 rückerstattet, wobei die Lenau-Ausstellung noch bis 2020 in den Räumen verblieben war. Im Jahre 2020 mussten dann fünf Räume geräumt werden und somit ist die Lenau-Ausstellung, nur mehr in drei Räumen untergebracht. Etwas beengt, aber alle Exponate blieben vor Ort.

Das Gebäude selbst wurde des Öfteren im Außenbereich renoviert. Die Gemeinde Lenauheim hat sich darum bemüht und später in den 2000er Jahren kam vom Freistaat
Bayern eine große finanzielle Unterstützung, womit eine Generalrenovierung mit teilweisen Umbauarbeiten durchgeführt werden konnte. Dies wurde möglich durch Zusammenarbeit der Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V., der HOG Lenauheim und der Gemeinde Lenauheim mit dem Freistaat Bayern.

In diesem schönen Ambiente und einem im Erdgeschoss eingerichteten Konferenzraum, wurden dann immer wieder die großen gemeinsamen Veranstaltungen der HOG Lenauheim mit der Gemeinde Lenauheim, aber auch andere wichtige kulturelle Ereignisse veranstaltet und gefeiert.

Heute wird das Museum von einer Angestellten der Gemeinde Lenauheim als Betreuerin umsorgt und kann fast täglich besucht werden. Voranmeldungen beim Bürgermeisteramt Lenauheim sind angebracht, um so einen reibungslosen Besuch von Einzelpersonen und Gruppen zu gewährleisten.

Ein Artikel der auch in der „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien – Banater Zeitung“ (Seite V) am 24.11.2021 erschienen ist.