Die Heimat des Dichters – Ein Jahrhundert Lenauheim

Werden und Geschichte der Temescher Heidegemeinde Lenauheim sind mit einem jahrhundertealten und wechselvollen Gang verbunden: Dieser reicht weit über die nun 254 Jahre seit der deutschen Ansiedlung und der Neugründung des Ortes im Jahres 1767 hinaus.

Heute ist Lenauheim im Temescher Westeck an der serbischen Grenze, mit den eingemeindeten Bogarosch und Grabatz mit insgesamt 5100 Einwohnern, eine der Großgemeinden des Banats. Seine bekannte Geschichte geht bis ins Jahr 1111 zurück, als es hier eine Hirtensiedlung, im Besitz des Grafen Laszlo Csatady, gegeben haben soll. Urkundlich zum ersten Mal erwähnt wurde es im Jahr 1415 als Besitz des Mathias Chatad. In der Türkenzeit (1552-1716) ging der Ort zugrunde. Im kaiserlichen Banat (1716-1779) wurde es als Prädium oder Pußta Csatad oft angeführt. Die Bewohner der Gegend nannten den Ort Tschadat, die Deutschen Schaddat.

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Zum 250.Jubiläum der Heidegemeinde 2017: Enthüllung eines Gedenksteins vor dem Lenauheimer Gemeindehaus. Im Bild, der Bürgermeister der Gemeinde Lenauheim Ilie Suciu und der HOG-Vorsitzende Werner Griebel

In der Theresianischen Kolonisierungsperiode (1763-1772) erfuhr auch die Pußta Csatad eine deutsche Neugründung 1767. Die Ansiedler kamen aus Luxemburg, Lothringen, Trier, Nassau und Birkenfeld in Westfranken. Der Aufschwung der Gemeinde beruhte auf seiner Wirtschaftskraft und auf dem Fleiß seiner Bewohner: 1819 wurde das Dorf zum Marktflecken erhoben, nach einem Jahrhundert, also 1867, hatte Csatad bereits über 3100 Einwohner, 1876 wurde der Ort Großgemeinde.

Wie wurde aus Csatad Lenauheim? Hier wurde im Erdgeschoss des Komitatshauses am 12. August 1802 Nikolaus Lenau, der bedeutendste österreichische Dichter des
19. Jahrhunderts, geboren. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts kam im Dorf der Gedanke auf, seiner Erinnerung ein gebührendes Denkmal zu setzen. Der Wagnermeister Mathias Gehl brachte 1875 am Geburtshaus eine Gedenktafel aus Marmor an. Am 100. Geburtstag wurde der Grundstein zu einem repräsentativen Denkmal (Autor der ungarische Bildhauer Bela Radnay) gelegt, das am 12. Juni 1905 vor dem Gemeindehaus enthüllt wurde. Auf der Marmortafel stehen in drei Sprachen die eindrucksvollen Lenau-Verse: „Möchte wieder in die Gegend Wo ich einst so selig war…“

Nach Ende des I. Weltkriegs (1918 gab es eine kurze Besetzung durch die serbische Armee) haben die deutschen Bewohner den Ort Strehlenau, später auch Lenaudorf genannt. 1920 wurde dann Csatad in Lenauheim umbenannt.1926 wurde zu Ehren des Dichters ein großangelegtes „Lenaufest“ abgehalten. 1931 wurde im Geburtshaus ein Lenau-Museum und das Museum für Heimatkunde eröffnet. Heute beherbergt der geschichtsträchtige Bau außer dem Heimatmuseum eine Lenau-Gedenkstätte (in sieben Räumen) und eine ethnographische Abteilung mit einer bekannten Puppensammlung in banatschwäbischer Tracht. (bw)

Balthasar Waitz

Dieser Artikel erschien in der: „Banater Zeitung“ vom 8. April 2021 auf Seite II – Neuigkeiten aus dem Banat