Zum Lenau-Denkmal in Lenauheim

Schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts tauchte der Gedanke auf, Lenaus Andenken in seinem Geburtsort zu ehren und zu erhalten. Mit der Errichtung des Lenau-Denkmals und anderer Gedenkeinrichtungen haben die Lenauheimer dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt.

Der Grundstein für das Denkmal wurde anlässlich des 100. Geburtstags des Dichters (1902) gelegt; das Kunstwerk selbst am 12. Juni 1905 in feierlichem Rahmen enthüllt. Es bekam seinen Ehrenplatz in einem kleinen Park, der im Dorfzentrum angelegt und bis auf den heutigen Tag erhalten wurde. In der Mitte der umfriedeten Gartenanlage steht das Denkmal. Von der Hauptstraße her führt ein annähernd drei Meter breiter Zugang am Denkmal vorbei. Es ist ein wahres Schmuckstück der Gemeinde, die Krone der Dichterehrung, die die Dorfbewohner dem Andenken Lenaus erbracht haben.

So zeigte sich das Lenau-Denkmal im Sommer 2021. Foto: Zoltán Pázmány
So zeigte sich das Lenau-Denkmal im Sommer 2021. Foto: Zoltán Pázmány

Längere Zeit wurde angenommen, dass der Bildhauer Josef Rona der Schöpfer des „Tschatader“ (wie die Gemeinde früher hieß) Lenau-Denkmals gewesen sei. Durch die Forschungen der Lehrerin Maria Forray (ungarische Sprache und Literatur), die sich um die Wertung der geistigen Gemeinsamkeit Petöfi-Lenau bemüht, wurde der berühmte ungarische Bildhauer Radnay als Schöpfer des Lenau-Denkmals ausgemacht. Mehrere lexikale Quellenunterlagen dienen als Nachweismaterial für diese interessante Feststellung. Von Edith Zwick (Reschitza) hier nun einige Zeilen aus der Hinterlassenschaft ihres Vaters, Dr. Gerber, die diesbezüglich auch aufschlussreich sind: „Gelegentlich eines Urlaubes besuchte ich1901 als Student der Medizin den Apotheker Julius Bierbaum. Dieser sagte mir, dass er die Absicht hege, den 100. Geburtstag Lenaus würdig zu begehen. Er denke dabei an ein Relief, welches am 13.3.1902 am Geburtshaus des Dichters feierlich enthüllt werden sollte. Die Kosten wollte er durch eine Sammlung oder, wenn das nicht gelingen sollte, durch Gemeindespenden aufbringen. Da er mit dem Notar Johann Bartole in Verdruss war, bat er mich, diesem den Vorschlag zu machen. Der Notar war von dem Plan begeistert und bildete sogleich ein Komitee. Da auch die Zeitungen den Fall aufgriffen, wurde die ungarische Öffentlichkeit aufmerksam. Einzelheiten weiß ich nicht, aber nach zwei Monaten schrieben schon die Budapester Zeitungen über die Tätigkeit des Komitees. Es floss mehr Geld ein, als man gehofft hatte. Weitere Gelder versprach die Regierung, so dass das Komitee einen Wettbewerb für eine Statue ausschrieb. Leider war die Zeit zu kurz, darum beschloss man, zum 100. Geburtstag Lenaus bloß den Grundstein zu legen. Das Innenministerium mit Staatsekretär Gullner und der Dichter Franz Herczeg nahmen sich der Sache an und machten aus der Grundsteinlegung ein Fest. Zu diesem Fest wurde auf höheren Wunsch niemand aus Deutschland und Österreich geladen. Die Reden waren ungarisch-patriotisch, nur Ingenieur Schneider, ein geborener Bogaroscher, sprach deutsch. Am Nachmittag wurde ein Kerweifest in Tracht veranstaltet. Franz Herczeg schrieb später dem Denkmalkomitee, dass der Bildhauer Johann Fadrusz die Modellierung machen würde, wenn das Komitee damit einverstanden sei. Das Komitee ließ daraufhin den Wettbewerb fallen, schickte eine Abordnung (Notar Bartole und mich) zu Fadrusz, um ihm den Dank auszusprechen. Bei dieser Gelegenheit sagte uns Johann Fadrusz, ein Deutscher aus der Slowakei, seine Gemahlin sei eine Verwandte des Dichters, der auch ihr Lieblingsdichter sei. Das sei mit ein Grund, dass er das Denkmal modellieren möchte. Das Gipsmodell hat Fadrusz geschaffen, das Denkmal, konnte er nicht fertigstellen, denn er starb bald darauf. So schuf dann sein Schüler Radnay das Lenau-Denkmal.“

Auf einem annähernd meterhohen Erdhügel, von immergrünem Efeu umsponnen, steht die Skulptur – aus Stein und bronzelegiertem Guss: Der Dichter und die Muse. Es ist eine Komposition mit ungefähr lebensgroßen Gestalten auf zwei übereinandergelegten Steinplatten. Den Rahmen bietet der vormals von wildem Wein umrankte Säulengang im Hintergrund. Auf vier kräftigen Trägern mit einem etwas wulstigen weißen Säulenschaft ohne Kannelierung ruht das Giebeldreieck der Vorhalle zum Gebäude der Gemeindeverwaltung. Der ganze Vorbau mit seinen einfachen klassischen Formen mutet wie eine dorische Architektur an und harmoniert mit dem im Mittelfeld errichteten Lenau-Denkmal. Auf einem aus Sandstein gefertigten Sockel steht eine aus einem Stück gefertigte Steinbank von anderthalb Meter Länge, kaum verziert, doch kantig und mit einer leichtgeschweiften Rückenlehne versehen. Hier auf dieser Bank sitzt der Dichter. Die rechte Hand hält er im Schoß und die linke vornüber auf die Seitenlehne gestützt, mit dem Buche seiner Lieder in der Hand. Trauer und Schwermut, tiefes Sinnen verkörpert die gesamte Komposition. Und als wollte derDichter lauschen, mit leicht gewendetem Haupte, den musischen Klängen. Dicht hinter der Bank und dem Denker steht eine Frauengestalt; sie neigt sich dem Dichter zu und richtet ihren Arm hinüber zum Geburtshaus.

Auf einer Marmortafel stehen dreisprachig die einem sehnlichen Wunsch des Dichters entsprungenen Worte:

Möchte wieder in die Gegend,
Wo ich einst selig war,
Wo ich lebte, wo ich träumte
Meiner Jugend schönstes Jahr.

So hat es Karl-Hans Gross, ein Kind der Heidegemeinde Lenauheim, in den Siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts beschrieben. Derzeit sind etwa 50 Jahre vergangen und vieles hat sich in Lenauheim verändert. Das  Gemeindehaus, mit dem Lenau-Denkmal im Vorgarten, blieb zwar stehen, hatte aber auch einiges miterlebt. Am Gemeindehaus selbst wurde die Architektur im Außenbereich beibehalten, wobei der Anstrich immer dem Zeitgeist entsprechend verpasst wurde.

Das Lenaudenkmal steht noch immer wie 1906 aufgestellt, wobei man das Efeu, das rings herum war, entfernte und nun die Renovierung des Fundaments beantragt hat. Das Denkmal wurde in den 1980er Jahren unprofessionell gereinigt, was kleine Schäden am Denkmal nach sich zog. 2002, zum großen Lenaufest, wurde die Reinigung und Konservierung wieder in Angriff genommen. Diesmal wurden die Arbeiten von Fachleuten unter Anleitung von Spezialisten vom Museum in Temeswar, ausgeführt.

250_jahr_feier17-158

An das Gedenken an die Ansiedlung unserer deutschen Ahnen, vor 250 Jahren in Csatád/Lenauheim (1767), hat die Heimatortsgemeinschaft Lenauheim, gemeinsam mit dem Bürgermeisteramt Lenauheim beschlossen, einen Gedenkstein unweit des Lenau-Denkmals aufzustellen. Dies wurde umgesetzt und nun haben wir im Vorgarten des Gemeindehauses zwei Gedenkstätten.

2020 war es dann soweit, dass das schon länger geplante Projekt „Umgestaltung der Vorgartenanlage Bürgermeisteramt Lenauheim“ durchgeführt wurde. Architekten planten auf dem Reißbrett eine zeitgemäße Parkanlage. Dies wurde vom Bürgermeister und Gemeinderat positiv aufgenommen und sie setzten es auch um. Es wurde eine schöne Anlage, in die das vorhandene Lenau-Denkmal, der Gedenkstein zur 250-Jahr-Feier sowie die Freundschaftslinde mit der Verbandsgemeinde Kirn-Land, professionell eingebunden wurden.

Gleichzeitig hat man auch beide Straßenfronten in die Parkanlage eingebunden und somit ein kleines Idyll im Zentrum der Heidegemeinde geschaffen. Ein Ort zum Verweilen für die Besucher des Geburtsortes von Nikolaus Lenau, der zu jeder Zeit einen Besuch wert ist.

Ein Artikel der auch in der „Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien – Banater Zeitung“ (Seite V) am 20.10.2021 erschienen ist.